Historisches Foto zurück auf dem Pütt

 

von Stefan Gehre/Westfälischer Anzeiger (10. Dezember 2021)

Ähnlich wie der Weihnachtsbaum auf dem Hammerkopfturm von Heinrich Robert hat auch die Luftbildaufnahme, die Eugen Böger am Mittwoch, 8. Dezember 2021, Jürgen Tempelmann überreichte, vor allem einen symbolischen Charakter: Das Foto, das vermutlich um 1980 herum aufgenommen wurde, zeigt die komplette Zeche – also auch mit der 1987 stillgelegten Kokerei. Es habe, wie der Vorsitzende des Fördervereins Wiescherhöfen sagte, durchaus eine historische Bedeutung. Denn: Vor 40 Jahren, als es noch keine Drohnen gab, war es nur wenigen vorbehalten, überhaupt Luftbildaufnahmen zu machen – und das auch nur mit Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg.

Vielen, die später auf Heinrich Robert ein- und ausgegangen sind, dürfte die farbige Luftbildaufnahme bekannt vorkommen. Zuletzt hing sie nämlich im Direktionsbesprechungsraum im Verwaltungsgebäude, in dem auch viele Gäste empfangen wurden. Mit Einstellung der Förderung am 30. September 2010 war damit Schluss. Danach arbeiteten nur noch die auf Heinrich Robert, die für die Wasserhaltung und die „Entkernung“ unter und über Tage zuständig waren. „Alles, was nicht mehr benötigt wurde, kam unter den Hammer“, so Böger.

Auch Waldemar H. (er möchte nicht vollständig genannt werden) gehörte zu denen, die das Bergwerk abgeschlossen haben. Ihm fiel die Luftbildaufnahme von „seiner“ Zeche sofort ins Auge. Und jedes Mal, wer er nachschaute, war sie noch da. „Ihn wunderte es, dass keiner der Herren Direktoren dieses Foto haben wollte“, erzählte Böger bei der Übergabe.

Und so beschloss der Kumpel, bevor das Bild im Container landet, es vorerst in der „Butterkammer“ zu verwahren. Im November 2013 hatte H. dann seine letzte Schicht. Er nahm das Bild mit nach Hause und stellte es in seiner Garage ab. „Drei Monate später, Anfang 2014, kam er dann zu mir. Wir kamen überein, dass ich dieses wunderschöne, zeitgeschichtliche Foto so lange in der Glückauf-Apotheke zwischenlagere, bis es wieder an seinen angestammten Platz zurückkommen kann.“

Und diesen Zeitpunkt sahen die beiden jetzt gekommen: Im Beisein seiner Vorstandskollegen vom Förderverein überreichte Böger die Luftbildaufnahme an Gebäudeeigentümer Jürgen Tempelmann. Der war ebenso begeistert wie Martin Löckmann, Geschäftsführer der Entwicklungsagentur CreativRevier Heinrich Robert. Zwar hängt in einem dortigen Büro bereits eine Luftbildaufnahme von Heinrich Robert, die etwa 50 Jahre alt sein dürfte. Ihre Qualität ist aber deutlich schlechter und zeigt auch nicht die gesamte Zeche. Das neue Foto soll künftig den Flur im Trakt der Entwicklungsagentur zieren. Neben der Kokerei sind auf dem Foto noch weitere Gebäude zu sehen, die längst nicht mehr existieren. Dazu gehören unter anderem der Bahnhof, die Aufbereitung sowie drei – offensichtliche – Wohnhäuser, die sich südlich davon befanden. Und auch die Bergehalde „Kissinger Hö- he“ ist noch ein gutes Stück von ihrer Endgestaltung entfernt.

Aber auch im Umfeld der Zeche hat sich einiges verändert. Dort, wo sich heute der Netto-Markt an der Kamener Straße befindet, waren früher Wohnhäuser. Und die Fußgängerampel in Höhe der Wielandstraße fehlt noch.

Ob die Luftbildaufnahme auf Dauer auf dem – ehemaligen – Direktionsflur bleibt, ist noch nicht entschieden. Alle Beteiligten sind erst einmal froh, dass dieses zeitgeschichtliche Foto wieder zurück ist und den Menschen einen Eindruck vermittelt, wie die Zeche vor rund 40 Jahren ausgesehen hat. Interessant wäre es für die Verantwortlichen noch, das genaue Aufnahmedatum zu bekommen.